Samtene Begegnung

Schon zweimal brachte der Verein Pragkontakt für eine Woche Schülerinnen des Prager Gymnasiums Na Pražačce mit gleichaltrigen Schüler/-innen eines deutschen Gymnasiums aus Delbrück unweit von Paderborn zusammen. Diese „Samtenen Begegnungen“ fand einige Tage vor den Feierlichkeiten anlässlich der „Samtenen Revolution“ statt, die 1989 zum Fall des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei führte. Schüler/-innen der beiden Gymnasien beteiligten sich an diesen Feierlichkeiten auf unkonventionelle Weise, nämlich als Teilnehmer/-innen eines satirischen Karnevalsumzugs mit dem Namen „Samtene Fastnacht“ (www.velvetcarnival.cz), den die Initiative Fór_um bereits seit zehn Jahren auf Prager Straßen veranstaltet. Mit dem Umzug will sie darauf hinweisen, dass man diesen „Tag des Kampfes für Freiheit und Demokratie“ auch sinnvoller und mit mehr Freude feiern kann als mit Kranzniederlegungen und Kerzenanzünden. An der "Samtenen Fastnacht" nehmen in der Regel verschiedene Vereine, Initiativen und Schulen teil, die sich auf satirische und kreative Weise zu aktuellen, gesellschaftlichen Fragen äußern. Als Ausdrucksmittel dienen ihnen die Masken.

Im Jahre 2018 nannten die Schüler/-innen aus Prag und Delbrück das Thema ihres Maskenumzugs „In der Gefangenschaft des Schönheitsideals“. Bei eintägigen Vorbereitungsworkshops an beiden Schulen Ende September stellten sie gemeinsam fest, dass es sie ärgert, wie die sozialen Medien das Schönheitsideal bestimmen. Schrittweise erarbeiteten sie ein Konzept ihrer Karnevalspräsentation: Den Auftritt beherrschte eine riesige Barbie-Puppe als Symbol des aufgezwungenen Schönheitsideals und die Schüler/-innen selbst verwandelten sich in Smartphones, die mit Botox-Lippen, großen Wimpern oder schlanken Hüften unter die Passanten strömten, begleitet von "Likes" und Herzchen.

Die gemeinsame Herstellung der Masken in den Räumlichkeiten des Kampus Hybernská unter der Leitung des Künstlers Gilberto Conti war laut der Schüler/-innen der beste Programmpunkt. Außerdem ergänzten noch ein Trommelworkshop und eine Stadtführung auf den Spuren der Samtenen Revolution und des Alltagslebens im Kommunismus das Programm. Das größte Erlebnis war für die Schüler/-innen aber zweifellos der eigentliche Maskenumzug am 17. November 2018, mit dem sie Hunderte von Zuschauern amüsierten. „Wenn man Fotos anschaut, wird immer wieder deutlich, wie wunderbar diese Woche für unsere Schüler/-innen war“, schreibt Andrea Simon, Deutsch- und Kunstlehrerin am Gymnasium Delbrück.